Samstag, 31. Oktober 2015

Ho99o9: Spooky truth

Some Halloween Shit needed? Ha, haben wir noch eine Nachreichung: Gerade war von Punk und Rap und Ho99o9 die Rede, da kommen TheOMG und Eaddy mit einem brandneuen Mixtape um die Ecke. Das genaue Tracklisting gibt es bei DIY, hier im Stream also "Dead Bodies In The Lake" - fröhliches Gruseln allerseits ...

Freitag, 30. Oktober 2015

Familienalbum # 15: Grimes

Ein vergleichsweise simples Familienalbum heute: Bei Grimes und ihrem neuen Album "Art Angels" musste man nicht lange suchen, denn die vielseitig talentierte Künstlerin hat auf ihrem Tumblr-Profil jedem der vierzehn Songs ein eigenes, handgezeichnetes Manga zugeordnet. Eine Fortsetzung ihrer Arbeiten mit abgedrehten Comic-Strips, schon für die Artworks früherer Platten gab es ähnliche Zeichnungen zu bewundern (einzige Ausnahme "Darkbloom"), komplettiert werden die Abbildungen hier deshalb mit älteren Werken - wie gewohnt von links nach rechts und oben nach unten.

Art Angels: Laughing And Not Being Normal, California, SCREAM [ft. Aristophanes], Flesh without Blood, Belly Of The Beat, Kill V. Maim, Easily, Pin, Realiti, World Princess part II, Venus Fly [ft. Janelle Monáe], Life in the Vivid Dream, Butterfly, Single "Go" (2014), Alben "Halfaxa" und "Geidi Primes" (2010), "Visions" (2012)

Seit heute ist im Übrigen nach "Flesh without Blood..." auch der zweite Titel im Netz zu finden - in Deutschland läßt sich "SCREAM" allerdings vorerst nur bei Pitchfork Indie Shuffle anhören.

Kite Base: Jetzt aber schnell

Neues von Kite Base, der Zweitband von Ayşe Hassan, Bassistin der Savages. Nachdem letztere gerade ihr zweites Album "Adore Love" angekündigt haben, bringt Hassan zusammen mit Kendra Frost schnell noch einen zweiten Song auf den Weg, auf "Dadum" folgt hiermit "Miracle Waves" und der klingt gar nicht übel.

Deafheaven: Lass krachen!

Irgendwann mussten sie ja um die Ecke kommen damit - heute ist also der Tag: Deafheaven werden im kommenden Frühjahr für einige Termine nach Deutschland kommen, sechs Städte dürfen sich demnach auf die Live-Präsentation des Albums "New Bermuda" freuen.

22.03.  Hamburg, Uebel und Gefährlich
23.03.  Köln, Gebäude 9
24.03.  Berlin, Musik und Frieden
25.03.  Dresden, Beatpol
28.03.  Wien, Arena
30.03.  München, Feierwerk
31.03.  Zürich, Rote Fabrik
01.04.  Karlsruhe, Jubez

Donnerstag, 29. Oktober 2015

Gold Class: Keine Kompromisse

Gold Class
„It’s You“
(Spunk! Records)

Warum lange drumherum reden? Gold Class machen es zumindest dem Post-Punk-Anhänger nicht sonderlich schwer, sie zu mögen – wenn ein Debüt wie dieses gleich ganz ohne jeden Schwachpunkt überzeugen kann, dann bleibt man in der Regel länger bei der Sache. Der Vierling aus dem australischen Melbourne, Besetzung Adam Curley (Gesang),  Mark Hewitt (Drums), Evan James Purdey (Gitarre) und Jon Shub (Bass) ist demnächst als Support von Noise-Ikone Thurston Moore unterwegs, die Jungs werden dort mit Sicherheit keinen schlechten Eindruck hinterlassen. Dafür sind die Songs von “It’s You” einfach zu gut geraten: dicker Bass, trockene Beats und Gitarren zwischen sperrigem Scheppern und eingängigen Melodien, dazu Curleys markante Stimme – Stücke wie “Bite Down”, “Life As A Gun”, “Perverts” oder “The Soft Delay” sind so einfach wie genial gestrickt und haben all das, was Hitsingles brauchen. Und weil das Auge mithört, freut man sich, dass Gold Class auch bei der Optik keine Fehler machen und mit der kühlen Schlichtheit des Artworks punkten können. Damit aber nicht genug – nicht nur bei Bild und Ton, auch in Sachen Text machen Gold Class keinerlei Kompromisse, Sänger Adam Curley adressierte in einem Interview mit dem Netzradio FBI erfreulich klare Worte an sein Heimatland: “ I was pretty angry about what’s happening in this country and about how outsiders are created and treated. You know, I didn’t want to internalise all that shit, I wanted to do something with it. So I tried to put some of the anger to use. I wanted to say, call me a crank because I won’t shut up about this, and I wanted to own the pervert label for every queer who’s been arrested, and I wanted it to be a feminist album as much as it can be one, and I understand the limitations of that.“ Und wem jetzt diese drei Gründe noch immer nicht reichen, na – dem ist dann auch nicht mehr zu helfen.

Der Komplettstream des Albums findet sich u.a. bei https://goldclass.bandcamp.com/

JONES: Mehrwert

Es ist beileibe nicht nur das Kleid von Issey Miyake, das bei Cherie Jones die Welle macht - auch die Songs von JONES lassen aufhorchen. Vor einiger Zeit mit der EP "Indulge" am Start gewesen, schickt sich die Londonerin jetzt an, mit ihrem Debütalbum die letzten Zweifler zu überzeugen - "New Skin" soll Anfang kommenden Jahres erscheinen und "Hoops" ist die erste Hörprobe, weitere dürfen folgen.

Mittwoch, 28. Oktober 2015

Nvdes: Der Groove ist zurück

Die Informationen bleiben spärlich, auf die Musik hat das gottlob keine negativen Auswirkungen: Nvdes aus Los Angeles haben im Sommer schon mit den beiden famosen Singles "Unforgettable" und "Before The Weekend Comes" punkten können, nun kommt mit "Fela" der lässige Groove zurück und wir sind keinesfalls enttäuscht.

EL VY: Gemischte Gefühle

EL VY
„Return To The Moon“

(4AD)

Es ist, wie immer eigentlich, eine Frage des Standpunktes. Matt Berninger und Brent Knopf haben gemeinsam ein Album aufgenommen und dieses ist, das läßt sich ganz zu Anfang fast wertfrei behaupten, von besserem Durchschnitt. Betrachtet man „Return To The Moon“ nämlich aus Sicht des Frontmannes von The National, so darf man sich aufrichtig über einige recht quirlige und überraschend gutgelaunte Melodien freuen, die sich doch sehr vom grummelnden Mantra der Kapelle Berningers abheben. Und auch wenn man nicht außer Acht lassen sollte, dass diese zu Gründerzeiten durchaus auch mal lauter und derber daherkam, auf den letzten Alben präsentierten sich The National doch meistenteils in trüber, melancholischer Stimmung. Knopf wiederum hat sich ja mit seiner früheren Band Menomena und als Einmannprojekt Ramona Falls ein paar Eskapaden mehr geleistet, seine Alben hatten grundsätzlich den Charakter von Wundertüten, die zur Freude der Indiehippster gleich mehrere Stilrichtungen furchtlos verschraubten und stets sowohl als auch klangen.

Das wiederum ist auf der vorliegenden Platte eher nicht zu bekommen, für Knopfs Verhältnisse ist „Return To The Moon“ eine vornehmlich brave Angelegenheit geworden, hübsch anzuhören, aber kein Quantensprung. Wie so oft also, wenn sich unterschiedliche Wege kreuzen, entwickelt sich das Ganze zu einer Art Gemischtwarenladen und das ist nicht einmal despektierlich gemeint. Ein jeder wird hier fündig werden: Neben dem Titelsong und dem fiebrigen Bluesrock von „I’m The Man To Be“ sticht besonders die Doppelnummer „Sad Case/Happiness Missouri“ ins – äh: Ohr, satte Stoner-Riffs, ordentlich Dreck im Getriebe, auch (andere Schiene) die Clubsause „Sleeping Light“ funkt sich locker über die Zeit. Da nimmt dann, wer sonst Schwierigkeiten damit hat, die schummrig-balladesken Stücke gern in Kauf, zumal auch diese, wie das feine „Paul Is Alive“, nicht einfach nur dröge dahindämmern, sondern mit crispy Gitarren und schwelgerischen Background aufgepimpt worden sind. Und so ist die Platte sicher nicht das Schlechteste, was aus einer späten Männerfreundschaft entstehen kann. http://www.elvy.co/

02.12.  Hamburg, Grünspan
04.12.  Köln, Die Kantine
06.12.  Berlin, Astra Kulturhaus


Dienstag, 27. Oktober 2015

Familienalbum # 14: Adiam

Das war so nicht zu erwarten, denn das Familienalbum Nummer 14 ist ja eigentlich eine verkappte 13.1, obwohl das Thema Hände mit Die Nerven und "Out" schon abgefrühstückt schien. Aber zum einen wurden mit Interpol und Kraftklub gleich mal zwei Beinaheklassiker sträflich unterschlagen, zum anderen gab es plötzlich jede Menge aktueller Nachmeldungen, die hier noch gezeigt werden mussten. So also eine weitere 'Handreichung', wie immer von links nach rechts und oben nach unten, hörenswert im Übrigen auch der Song zum Großformat - "Desert Island" stammt von der aktuellen EP "Dark Lake" der RnB-Künstlerin Adiam.

Adiam "Desert Island", Jeezy "Nov 13th", Savages "Adore Love", Chet Faker "Built On Glass", The Code "Azure", Moonface "Heartbreaking Bravery", Lay Siege "Hopeisnowhere", Interpol "El Pintor", Jay Rock "90059", Kraftklub "Schüsse in die Luft"

Blood Orange: Vorerst solo

Noch steht der Track ganz allein da, aber wer weiß, vielleicht gesellt sich ihm in den nächsten Wochen ja noch der eine oder andere dazu: Devonté Hynes alias Blood Orange hat gerade mit "Sandra's Smile" eine neue Single veröffentlicht - von einem Nachfolgealbum für das feine "Cupid Deluxe" aus dem Jahr 2013 ist dennoch keine Rede - einen Clip zum Song gibt's trotzdem.


Ho99o9: Superclash

Flankierend zur aktuellen SPEX und einem kurzen Bericht, der aber durchaus das Zeug zum Anfixen hat, hier noch ein paar weiterführende Informationen: Ho99o9 (sprich: Horror) sind ein schwarzes Punk-Rap-Duo aus New Jersey, bestehend aus Jean Stanley Lebrun aka. TheOGM und Lewis Allen Eaddy. Bislang sind von den beiden wütenden Herren drei EP erschienen, die bekannteste heißt "HORRORS Of 1999" - nun kommen sie sogar noch vor dem für 2016 angekündigten Album live nach Deutschland. Und weil gerade Konzerte der beiden wahre Schlachten sein sollen, hier ein knapp halbstündiger Videoclip von einer dieser Shows, aufgeführt in der Church Of Fun in ihrer jetzigen Heimatstadt Los Angeles.

13.11.  Zürich, Gonzo
16.11.  Ehrenfeld, Underground
17.11.  Berlin, SO36
19.11.  Hamburg, Hafenklang
05.12.  Münster, Gleis 22



Montag, 26. Oktober 2015

The Code: Let's get clinical

Ganz und gar feingefrostete und hochsynthetische RnB-Mucke kommt mit den folgenden drei Stücken aus England - viel mehr als den Namen des Projektes The Code und die ungefähre geografische Verortung des Produzenten-Duos gibt es aber nicht zu holen, da muss der Sound schon für sich selbst sprechen. Tut er auch, neben der aktuellen Single "F**K" gibt's hier noch die etwas älteren Tracks "Azure" und "Electronica", wer mag, darf sich auch noch einemal die EP "1/11" bei Soundcloud anhören.

Grimes: Racheengel

Nicht mehr lang hin zum Showdown - meint bis zur Veröffentlichung des neuen Albums "Art Angels" von Grimes. Das Comic-Cover machte ja schon vor einiger Zeit die Runde, nun aber gibt es endlich einen kräftigen Schluck aus der Soundpulle - mit "Flesh Without Blood/Life in the Vivid Dream" bringt Claire Boucher gleich einen Doppelschlag in Stellung, optisch und auch akustisch zweigeteilt, der Film dazu wired, spooky, also wieder mal irre genug, um ein paar Schlagzeilen zu produzieren. Hat sie im Übrigen alles allein gemacht - Artwork, Regie, Drehbuch, nur der Bruder Mac hat noch etwas geholfen. Wollen mal sehen, wie der Rest so ankommt.

Samstag, 24. Oktober 2015

Beach House: Schöner klagen

Beach House
„Thank You Lucky Stars“

(PIAS/Bella Union)

Da scheint ihnen also der Stoff nicht ausgegangen zu sein – gut zwei Monate, nachdem Victoria Legrand und Alex Scally ihr neues Album „Drepression Cherry“ vorgestellt hatten, war auch schon die Rede vom Nachfolger. Nun gibt es böswillige Menschen, die meinen, diese Art von luftig-verträumtem Dreampop ließe sich beliebig oft und einfach reproduzieren (das erinnert einen wiederum an die eigene Kunstlehrerin, die da frech behauptete, Aquarelle von Nolde schaffe ein geübter Fälscher mühelos fünf Stück in der Stunde), was natürlich ein ausgemachter Nonsens ist. Gerade „Thank You Lucky Stars“ zeigt, dass Beach House, wenn auch nur in kleinen Schritten, ihr Repertoire sehr wohl zu erweitern verstehen. So gibt es hier neben dem vorsichtig verzerrten Noise der Gitarren einen deutlicheren Bezug zur trippigen Elektronik von Portishead, viele kleine Verzierungen und Nebengeräusche (wie das andauernde und vertraute Knistern des wieder in die Mode gekommenen Vinyls) bereichern die Textur zu Legrands engelsgleichem Gesang. Und auch der variiert, im traurigen „Common Girl“ kommt er einem sogar ungewohnt nah und düster vor. Überhaupt: Die neue Platte scheint einem trotz des fröhlich-zarten Kinderfotos auf dem Cover mit noch mehr Melancholie und Sentiment gefüllt als der Vorgänger, „Elegy To The Void“ weckt mit seinen fantastischen Sprachbildern dunkle Assoziationen, auch das zauberhafte „All Your Yeahs“ kommt nicht ohne diese schwermütige Zwischentöne aus, sie prägen einmal mehr das Gefühl einer entschlossenen Verinnerlichung, welche die beiden schon seit Jahren antreibt. So gut wie hier hat sie sich jedoch selten angehört. http://www.beachhousebaltimore.com/

04.11.  Köln, Gloria
14.11.  Hamburg, Kampnagel
16.11.  Berlin, Huxley's
17.11.  München, Freiheiz
18.11.  Lausanne, Les Docks

Sans Parade: Feinsinn im Kollektiv

Das Wuppertaler Kleinlabel Stargazer Records hat eine Vorliebe für feine Zwischentöne in Verbindung mit ungewöhnlichen Landstrichen. In ihrem Portfolio finden sich Künstler wie Marius Ziska (Färöer Inseln), Thorir Georg (Island) und eben auch Sans Parade, die einen Teil ihrer Wurzeln im finnischen Turku haben. Auch wenn bei dem bis zu achtköpfigen Klangkollektiv öfters das Wörtchen Barockpop auftaucht, die multiinstrumentale Mischung auch zartem Folk und elektronischer Finesse wusste schon bei dem gleichnamigen Debüt vor 2 Jahren zu begeistern. Nun ist mit "Artefacts" für Ende November Album Nummer zwei angekündigt, von diesem hier der Clip zur ersten Auskopplung "Hyperborea".

Freitag, 23. Oktober 2015

Formation: Erst mal lässig

Wohin auch immer man die beiden Jungs ordnen möchte (nicht nur das Logo oben erinnert an DFA und LCD Soundsystem) - sie klingen einfach umwerfend lässig: Will und Matt Ritson aus London haben hier unter dem Namen Formation schon für reichlich Smartness gesorgt, nun kündigen sie für den 20. November ihre EP "Under The Tracks" an, mit dabei der Song "All The Rest Is Noise".

Junior Boys: Backtracking

Tatsächlich, die letzte Meldung vom kanadischen Electro-Duo Junior Boys stammt aus dem Jahr 2011 - da nämlich veröffentlichten Jeremy Greenspan und Matt Didemus ihr Album "It's All True". Nach dem Wechsel von Domino zu City Slang gibt es nun mit "Big Black Coat" am 5. Februar 2016 eine neue Platte, deren Titeltrack hier schon mal vorab gestreamt werden soll.

Kraftklub: Randale im Regal

Wenn Hans das macht, darf's Hänschen's auch mal versuchen: Gerade haben Rammstein eine üppige Live-Dokumentation veröffentlicht, da schicken sich auch der Kraftklub an, seine Fans mit einer umfangreichen Tour-DVD zu beglücken. Am 30. November soll "Randale" in die Regale kommen, aufgenommen wurde während des diesjährigen Konzerts in der Berliner Max-Schmeling-Halle, ein Live-Album folgt dann noch kurz darauf. Die ausstehenden Termine für's nächsteJahr sehen im Übrigenwie folgt aus:

15.01.  Mannheim, Maimarktclub
16.01.  Bamberg, Brose Arena
18.01.  Flensburg, Deutsches Haus
19.01.  Zwickau, Stadthalle
21.01.  Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle
22.01.  Bielefeld, Ringlokschuppen
23.01.  Lingen, EmslandArena
28.01.  Wiesbaden, Schlachthof
29.01.  Bern, Reitschule
30.01.  Laax, Riders Palace

Donnerstag, 22. Oktober 2015

Adele: Zahlen, Bilder, Sensationen

Nun mal ganz, ganz langsam: Dass Adele bald ein neues Album veröffentlichen würde, ist ja nun keine ganz so große Überraschung für alle Billboardjunkies, dass es dagegen "25" und nicht etwas "27" heißt, verwundert etwas, aber vielleicht hat das Label da etwas durcheinandergebracht. Oder der Lapsus hat Methode, denn dann müßten ja "19" und "21" eher "20" und "23" - egal, irgendwo steht sicher eine Erklärung dafür. Am 20. November ist es jedenfalls soweit - eröffnet wird das heißersehnte Stück im Übrigen mit "Hello", einer offenkundigen Hommage an Lionel Richie (!?), das Foto oben ist laut Pitchfork als Cover schon gefixt und desweiteren sollen noch Tobias Jesso Jr, Max Martin, Danger Mouse, Ryan Tedder und höchstwahrscheinlich auch noch Damon Albarn mit von der Partie sein. Hallelujah!

Aucan: Wumms mit Hirn [Update]

Mehr als bloßes Gewummer gibt es aktuell wieder vom deutsch-italienischen Trio Aucan: Für den 20. November haben die Wahlberliner Jo Ferliga, Francesco D'Abbraccio und Dario Dassenno ihr neues Album "Stelle Fisse" via Kowloon Records angekündigt, von selbigem stammt das dunkel-hypnotische "Disto", hier im Yakamoto Kotzuga Remix.

Update: Ein weiterer Track vom neuen Album ist mit "Friends" seit kurzem unterwegs - nicht weniger reizvoll.

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Dave Gahan and Soulsavers: Mitleider

Soulsavers feat. Dave Gahan
„Angels And Ghosts“

(SmiCol/Sony)

Die Rampensau hat also erneut Pause. Dave Gahan, hauptamtlicher Leadsänger bei den Synthpoppern von Depeche Mode, gönnt seinem zweiten Ich mal wieder etwas Auslauf und schließt sich zum wiederholten den Seelenrettern Ian Glover und Rich Machin an, um deren schwerblütigen Elektroblues mit stimmlichem Charisma zu versehen. Thematisch bleibt dabei alles beim alten – nach „The Light The Dead See“ dreht sich diesmal alles um Engel und Geister und man darf vermuten, dass sich Gahan, der ja dem Sensenmann zu früherer Zeit schon einige Male fast die Hand schütteln musste, mit Dämonen und ihren geflügelten Begleitern bestens auskennt. Einzig das Cover führt etwas in die Irre: Das vom Geschrei verzerrte Gesicht des Hauptakteurs legt die Vermutung nahe, dass Geister hier ausgetrieben werden sollen, hört man sich das Album an, ist es dann doch eher eine leidenschaftliche Beschwörung geworden.

Balladeskes ist ja Gahan auch von Depeche Mode nicht fremd, hier gibt’s das Ganze allerdings in geballter Form und so übt sich der Mittfünfziger wieder in einer seiner Spezialdisziplinen – dem Mitleiden. Wir hören also Trostlieder, Liebeslieder, Hoffnungs- und Hingebungsvolles, Ratschläge („Don’t Cry“) und diffuse Stimmungsbilder („One Thing“). Textlich ist das nicht immer die Erfüllung, bei „Lately“ fühlt man sich unangenehm den Jingle einer Bierwerbung erinnert („… sail with me, we can fly away“) und auch der Umstand, dass hinter jeder noch so dunklen Wolke beizeiten die Sonne hervorzulinsen vermag, ist nicht sonderlich originell („My Sun“). Man muss den drei Männern aber zugute halten, dass sie dennoch ein paar schöne, meint gefühlvolle Downtemponummern arrangiert haben, dramatische Bläser-Sets, getragene Streicher, die Beats pluckern sanft und ab und an knirscht auch mal Gitarrenspur vorbei – Gahan bringt dazu an Pathos und Seele alles mit, was für solides Handwerk von Nöten ist. Und wenn dann ein Song wie „The Last Time“ so dunkel dräut, dass man fast die Bad Seeds im Hintergrund vermuten möchte, dann haben sie so viel nicht falsch gemacht. Und nebenbei vielleicht die eine oder andere Seele gerettet … http://www.davegahan.com/

30.10.  Berlin, Tempodrom

Savages: Liebes Leben

Heute also endlich eine Meldung, die im Grunde in den letzten Wochen schon im Kopf zusammengeschrieben war, jetzt können dann endlich die Platzhalter ersetzt werden: Die Londoner Post-Punk-Formation Savages um Sängerin Jehnny Beth hat für den 22. Januar 2016 via 4AD die Veröffentlichung ihres zweiten Albums nach dem hochgelobten Debüt "Silence Yourself" angekündigt. Die Platte ist in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Trentemøller entstanden, wird "Adore Life" heißen (Tracklisting) und die erste Single "The Answer" gibt es seit heute im Netz - das Video von Giorgio Testi, ein wildes Durcheinander von moshenden Konzertbesuchern und Band, gibt es unter anderem bei Vimeo zu sehen, einige Live-Versionen des Titels existieren seit längerem bei Youtube.

Dienstag, 20. Oktober 2015

Shearwater: Wieder angekommen

Frischware kommt heute von der texanischen Indierock-Kapelle Shearwater: Sänger Jonathan Meiburg und Kollegen hatten ja zuletzt das eigenwillige Coveralbum "Fellow Travelers" bei Sup Pop veröffentlicht, nun legen sie mit "Jet Plane And Oxbow" wieder ein komplett eigenständiges Studiowerk vor. Mit dabei dem Vernehmen nach auch Filmkomponist und Percussionist Brian Reitzell, der schon für die Soundtracks der Coppola-Streifen "The Virgin Suicides" (Air) und "Lost In Translation" (mit Bill Murray) verantwortlich zeichnete. Die erste Single jedenfalls heißt "Quiet Americans", am 22. Januar folgt dann der Rest, im Monat darauf zudem zwei Livetermine in Deutschland.

10.02.  Berlin, Frannz Club
12.02.  Hamburg, Molotow

Petite Noir: Cyberzauber

Ein neues Video von Yannick Ilunga aka. Petite Noir, das wissen wir nicht erst seit "Best", ist immer ein Ereignis und so überrascht es nicht, dass auch der Clip zum Titelsong seines famosen Albums "La Vie Est Belle/Live Is Beautiful" wieder als optischer Leckerbissen daherkommt - der Song ist wie alle anderen des Debüts ohnehin erstklassig.

Montag, 19. Oktober 2015

New Order vs. Hot Chip: Pretty in Pink

Es ist ja viel geschimpft worden über das neue Album von New Order (warum eigentlich!?), dabei hätte ihnen kurz vor der Rockerrente wohl kaum jemand ein so ambitioniertes und mutiges Werk wie "Music Complete" zugetraut. Ein klares Indiz dafür, wieviel Credibility die Band aus Manchester noch genießt, ist auch der Umstand, dass sich eine Reihe von Kapazitäten an aktuellen Remixen abarbeiten. Neuestes Beispiel sind Hot Chip, die sich das fabelhafte Giorgio-Moroder-Hearalike "Tutti Frutti" vorgenommen haben - auf ganzen elf Minuten.

Beach House: Dreampop to go

Was Stephen Colbert mit "One Thing" vor ein paar Tagen erleben durfte, können bald auch die Zuschauer in Deutschland genießen: Beach House haben kurz nach der überraschenden Veröffentlichung einer weiteren Platte die Termine für ihre Konzerttournee bekanntgegeben - voilá:

04.11.  Köln, Gloria
14.11.  Hamburg, Kampnagel
16.11.  Berlin, Huxley's
17.11.  München, Freiheiz
18.11.  Lausanne, Les Docks

Sonntag, 18. Oktober 2015

Chk Chk Chk: Groovestation

!!!
„As If“

(Warp Records)

Das ist jetzt nicht als Warnung, eher als gutgemeinter Hinweis gedacht: Achtung - Tanzplatte hoch drei. Die Potenz deshalb, weil auch schon die letzten Alben der kalifornischen Hyperventilatoren Chk Chk Chk, also „Strange Weather, Isn’t It?“ und „Thr!!!er“, solche Tanzplatten waren, aber eben nicht so lücken- und kompromisslos. Dort waren noch Bezüge zu ihren Rockwurzeln, seien diese nun Indie oder Psychedelic, hörbar, war von reiner Synthetik noch keine Rede. „As If“ nun ist so konsequent auf Dance und Disco gebürstet, dass es einem schier die Sprache verschlägt und selbst zum Nachdenken kaum Zeit bleibt – Stichwort: Der Rhythmus, wo man mitmuss. Die Groovestation mit „All U Writers“ einmal angeworfen, dreht sie die kompletten zwölf Stücke mehr oder weniger auf Hochtouren – knackigster Funk mit „Every Little Bit Counts“ und vor allem, na klar, „Funk (I Got This)“, der herrlich quietschbunte Discopop von „Sick Ass Moon“ und „I Feel So Free“ mit schlappen neun Minuten Spieldauer, dazu noch House, Electro und Big Beat satt, ebenso wie bei den Scissor Sisters oder den aktuelleren Stücken von Hercules And Love Affair ist hier Abwechslung nicht die Währung, mit der gezahlt wird, sondern vielmehr Spass, Schweiß und Party. Die 90er klopfen hier nicht nur höflich an, sie geben dem ganzen Trubel den Takt vor und das schließt auch ein paar unangenehme Nebenwirkungen mit ein. Denn manches Mal wie zum Beispiel bei „Lucy Mongoosey“ meldet sich auch der kitschige Weltumarmungsdrang des ausgehenden Jahrtausends zu Wort – darauf hätte man dann doch besser verzichtet. Sonst aber bleibt eine Menge Beat für’s Geld und ein paar lustige Bilder sowieso. Rein damit und ab dafür! http://www.chkchkchk.net/

Samstag, 17. Oktober 2015

Junk Son: Mehr als Knöpfchendrehen

Der Song darf gern das komplette Wochenende begleiten - je öfter man ihn hört, um so magischer wird er: John Dunk aka. Junk Son aus dem Londoner Süden ist wohl mehr als ein halbwegs talentierter Knöpfchendreher und Tastendrücker, seine Stücke klingen geheimnisvoll und faszinierend zugleich und sind noch dazu recht tricky arrangiert. Vor ein paar Monaten konnte man das auf der EP "Eyes Shut" hören und nun eben an dem neuen Track "True".

BOSS + jennylee: Die Summe der einzelnen Teile

Scheint ganz so, als sei die Zeit bei Warpaint momentan nicht ganz so intensiv. Wie anders ließe sich sonst erklären, dass sich zumindest zwei der vier Damen aus Los Angeles der Selbstständigkeit bzw. der Nebenbeschäftigung verschrieben haben? So kündigte Bassistin Jenny Lee Lindberg vor einiger Zeit als jennylee ein Solodebüt mit dem Titel "Right On!" an, nun vermeldet auch noch Gitarristin Theresa Wayman die Gründung einer eigenen Band namens BOSS, mit dabei auch noch Bassist Guro Gikling (All We Are) und Drummerin Sarah Jones. Deren ersten Song "I'm Down With That" vernetzte gerade das Label Speedy Wunderground.

Freitag, 16. Oktober 2015

Soft Serve: Maximales Understatement

Selber hören möchte man sie ja nicht, diese X-meets-Y-Geschichten, verkneifen können wir sie uns doch nicht immer: Hätte Lou Reed mit den Go-Betweens gespielt, wären Soft Serve aus Vancouver das naheliegende Ergebnis gewesen. Das gleichnamige Debüt der Kanadier kann man sich zur Zeit bei Bandcamp anhören, die Band um Sänger Kyle Thiessen stapelt auf die Frage nach dem bevorzugten Sound bescheiden tief - "Guitar Music", mehr Understatement geht wohl nicht. Wer sich selbst ein Urteil bilden möchte, bekommt hier schon mal die zwei Stücke "Sons On Your Side" und "Better Off When You're Gone" serviert.

Donnerstag, 15. Oktober 2015

Die Nerven: Der graue Faden

Die Nerven
„Out“
(Glitterhouse Records)

So langsam ist es an der Zeit, auch an dieser Stelle mal eine Lanze für ein Land und eine Stadt zu brechen, die in der öffentlichen Wahrnehmung ein bisschen unterrepräsentiert sind, vielleicht sogar mit etwas Missgunst betrachtet werden. Warum Baden-Württemberg immer noch mit der Verniedlichung „Ländle“ gestraft wird, erschließt sich wohl nur dem, der auch Bayern auf Lederhosn und Sachsen auf Jammerossis verkürzt. Zu verstehen ist es nicht, denn schließlich hat es dieses Bundesland bislang als erstes und einziges zu einem grünen Ministerpräsidenten geschafft (die Landeshauptstadt legt noch einen grünen Bürgermeister obendrauf) und einem Teil seiner Einwohner, Schwaben genannt, gebührt uneingeschränkte Anerkennung für die Großtat, dem bisweilen verwöhnten und arroganten Berliner Hippsterbiotop mal so richtig und ordentlich auf die Nerven zu gehen. Zudem ist die Mähr vom gemütlich-verspießten Hinterwäldler endgültig auserzählt – wer wenn nicht die Straßenkämpfer von Stuttgart 21 haben uns gezeigt, wie Revolte im neuen Jahrtausend funktioniert!? Zur Revolte passt der Punk und dazu wiederum die Musik von Julian Knoth, Max Rieger und Kevin Kuhn, die als Die Nerven seit nunmehr fünf Jahren ebenfalls am verstaubten Image des Südwestens kratzen. Und zwar in des Wortes buchstäblicher Bedeutung.

Nach den beiden Alben „Fluidum“ und „Fun“ haben sie gerade ihr drittes Werk veröffentlicht und „Out“ tut gut daran, Stil und Sound nicht maßgeblich zu verändern – noch immer scheppern und kreischen die Gitarren, wirken die Songs roh und energiegeladen. Frust und Misstrauen scheinen den dreien nicht weniger geworden zu sein – Verwahrlosung (vor allem die seelische), Abschottungsmentalität, Paranoia, der Mensch als „dissonanter Ton“. Es geht um jene, die stets wegblicken, wenn es unangenehm wird, und um die, welche sich überall nervös umschauen, weil sie sich gejagt fühlen, von den Erwartungen, vom schlechten Gewissen, von allem und jedem um sie herum. Wut und Enttäuschung ziehen sich ein weiteres Mal wie ein grauer Faden durch Stücke des Albums, nichts davon läßt sich speziell an der Heimat des Trios festmachen, ein universelles Unbehagen, dem sie laut und kämpferisch entgegenbrüllen – keine Kapitulation, noch nicht. Gerade dafür sind Die Nerven kürzlich auf dem Hamburger Reeperbahnfestival mit dem Kritikerpreis des Verbandes unabhängiger Musikunternehmen als „Bester Act“ ausgezeichnet worden, das klingt ein wenig nach Alternativ-Echo, hat aber angesichts der Teilnehmerliste deutlich mehr Relevanz. Stand jetzt: Genau die richtige Wahl. http://dienerven.tumblr.com/

Aktuelle Tourtermine: hier.

FFS: Fernsteuerung

So also könnte eine Dating-App vor zwanzig Jahren funktioniert bzw. ausgesehen haben, eine Art DOS-Tinder also: FFS, das Gute-Laune-Joint-Venture zwischen Franz Ferdinand und den Sparks, haben ein Video zur aktuellen Single "Call Girl" veröffentlicht - der Song stammt vom gleichnamigen Album und war schon dort einer der amüsantesten.

Mittwoch, 14. Oktober 2015

U.S. Girls: Willkommen in der Alltagshölle

U.S. Girls
„Half Free“

(4AD)

Ganz am Ende kommt einem dann diese Scherzpostkarte in den Sinn – jene, auf der eine Frau im Superwoman-Kostüm am Herd werkelt, daneben steht: „Mütter können nicht ständig die Welt retten, sie müssen auch noch kochen!“ Was einen hier verschämt kichern lässt, dreht Meghan Remy unter ihrem Moniker U.S. Girls einmal mehr komplett ins Spaßarme, Schattige, Sarkastische. Auf „Half Free“, ihrem aktuellen Album, geht es nicht um Emanziportiönchen oder Herrenwitze, sondern um das traurige Grau des Alltäglichen, um ein Leben, das einem eben nur die halbe Freiheit zugesteht. Hier ist die Familie nicht mehr der einzig glücklichmachende Rückzugsort, sondern manchmal ein Teil der Vorhölle und man selbst geht hin und hängt sich am Stammbaum auf ("Now I'm going to hang myself, hang myself from my family tree"/Sororal Feelings). Einsamkeit, Maskierungen, selbstgewählte Unfreiheiten und zu Grabe getragene Hoffnungen, bizarre sexuelle Anspielungen (Telephone Play No. 1) und zum Schluß dann eben der hymnische Choral: "A woman's work is never done, she doesn't sleep 'til the morning comes" – wenn also schon Humor, dann bitteschön tiefschwarz. All diese skurrilen Geschichten spielen vor wechselnden und durchaus spannungsreichen Kulissen, Remy tauscht die Genres derart schnell und gekonnt, dass einem schwindlig zu werden droht: Surfsound, Disco, Krautrock, Psychedelic, Synthpop, dazu ihre Stimme, die von Marianne Faithfull, Mary Weiss (Shangri-Las), Cyndie Lauper bis hin zum überdrehten Gepiepse der Chipmunks ein überaus reichhaltige Spannweite zu bieten hat. Viel besser als Pitchfork kann man es eigentlich kaum fassen, dort steht, die Songs klängen wie”your favourite golden-oldies station beamed through a pirate-radio frequency, seamlessly fusing '60s-vintage girl-group serenades and smooth '70s disco into dubby panoramas and horror-movie atmospherics”. Das Cover des Albums ziert Remy im Übrigen selbst und dieses Photo zeigt in beeindruckender Klarheit, dass sie wohl weiß, was vom Leben zu erwarten ist. Wer dazu noch ein leichtes Lächeln zu erkennen vermag, nun der wiederum ahnt, dass vielleicht doch noch nicht alles verloren ist. https://usgirls.bandcamp.com/


METZ: Außer der Reihe

Eine Zwischenmeldung von drei Minuten zehn gibt es von der kanadischen Noise-Kapelle METZ: Die Jungs sind eigentlich beim Label Sub Pop beheimatet, haben dort auch ihr formidables letztes Album "II" veröffentlicht, nun aber hören wir quasi außer der Reihe eine kleine Zusammenarbeit mit der Plattenbude Three One G und zwar eine Doppelsingle. Part 1 nennt sich "Eraser", die Flipside "Pure Auto" nach Möglichkeit später.

Dienstag, 13. Oktober 2015

Dilly Dally: Neues aus der Krachmacherstraße

Dilly Dally
„Sore“

(Buzz Records)

Das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung hat gerade gefragt, warum die Wut in Künstlerkreisen zu einem „verpönten Gefühl“ geworden ist und gleich darauf eine Reihe von Schriftstellern über alles und jeden mal richtig vom Leder ziehen lassen. Die meisten Musiker dagegen haben ja den unbestrittenen Vorteil, dass sie ihre Lieder zwar an ähnlich zurückgezogenem Ort (Probekeller, Heimstudio, Baumhütte) schreiben können, die Wirkung aber dringender als der bloße Wortkünstler an der Front of Stage testen müssen. Sie erfahren so Zuneigung und Ablehnung unmittelbar und ungefiltert, dürfen ob der Wut, die ihnen entgegenschlägt, aber umgehend zurückkeilen oder diese, im besten Falle, auch mit ihrem Publikum teilen. Diese Nähe ist für beide Seiten von unschätzbarem Wert, sie macht das Liveerlebnis unverzichtbar und ist mit ein Grund, warum sich mit der endlos reproduzierbaren Konserve mittlerweile weitaus weniger Geld verdienen läßt als mit dem Ticket zum ersehnten Showdown.

Dilly Dally aus Toronto haben sich selbst via Facebook etwas scherzhaft mit dem Aufkleber „Softgrunge“ versehen, so richtig soft klingt bei Katie Monks, Liz Ball, Jimmy Tony und Benjamin Reinhartz allerdings rein gar nichts. Ähnlich wie die etwas eher ins Rennen gegangenen Bully haben die vier einen festen Wohnsitz in der der Krachmacherstraße – hier schmirgeln die Gitarren, böllern die Drums, flattert der Bass und Monks’ Stimme in der Nähe eines Reibeisens zu verorten ist zwar nicht sonderlich originell, aber zutreffend. Als Wutbürgerin im besten Sinne hat sie also auf “Sore” einige Sachen vorbereitet, von nölig und genervt bis leidenschaftlich ist alles zu haben, der Zorn trägt heute grelle Farbe (“Purple Rage”), Männer kommen, wenn sie nicht gerade kurz angeschmachtet werden, eher nicht so gut weg, ansonsten hören wir Verse über Menstruation, Herzgebreche, Liebe, Sex, Tod und Teufel oder, wie Monks es so griffig dem Label in den Waschzettel diktiert hat: “Making that record was just six friends working our asses off together, having fun, and having serious talks about life and shit.” https://dillydally.bandcamp.com/

EMA: Einschlussalarm

Die Bilder des neuesten Schulamoklaufs in den Vereinigten Staaten sind vielen noch ganz frisch im Gedächtnis - das sind sie immer. Weil sie sich immer und immer wieder gleichen und mittlerweile in so kurzen Abständen aufeinander folgen, dass man fast den Überblick verliert, wo dieser denn war und was jener an neuerlichen Opfern gekostet hat. Die Gefahr, dass man diese Unglücksfälle irgendwann nur noch wegnickt, ist groß. Erika M. Anderson aka. EMA war noch nie um ein politisches Statement verlegen und auch im Falle der grassierenden Jedermans-Bewaffnung und der daraus resultierenden Massenmorde will sie nicht an sich halten. Deshalb hat sie das Übungsvideo eines texanischen Polizei-Sonderkommandos mit ihrem neuen Song "Active Shooter" unterlegt und auch noch Ausschnitte einer aktuellen Obama-Rede zum Thema hineingeschnitten - Text und Musik könnten wütender und nachdrücklicher kaum sein:

any kid in America
with a gun and a phone and a wallet
any kid in America


any kid in America
walk in and you sell them a bullet
any kid in America


armed good guys are a myth
never saved no one from shit


armed good guys are a myth
never saved no one 


"Somehow this has become routine. The reporting is
routine. My response, here, on this podium ends up being
routine. The conversation, and the aftermath of it. We've
become... numb to this." 


anyone in America 
wrong time wrong place in a hallway
anyone in America 


angry white boys get uptight
got no right to end a life

got no right to end a life

Kins: Bald mehr davon

Australien ist musikalisch weiterhin schwer im Trend - mittendrin schon geraume Zeit das Quartett Kins. Vor kurzem haben die vier ihre fabelhafte EP "Cyclical" vorstellen dürfen, nun kommt mit "Most Definetely" der erste Ausläufer vom neuen Album um die Ecke, das für den Beginn des kommenden Jahres im Gespräch ist. Verheißungsvoll, was sonst.

Montag, 12. Oktober 2015

Camel Power Club: Zur rechten Zeit

Eine gutgemeinte und allzeit gültige Regel für groß und klein lautet: Nie mit schlechten Gedanken oder getrübter Stimmung ins Bett. Wem also noch etwas Stoff zur nachträglichen Traumaufhellung fehlt, der wird mit dem Camel Power Club aus dem französischen Städtchen Issigeac wunderbar bedient sein. Das Duo hat im vergangenen Jahr eine herrlich kurzweilige EP namens "Sputnik" zusammen mit einem dreißigköpfigen Kinderchor eingespielt, die man auch jetzt noch bei Bandcamp käuflich erwerben kann. Danach kam mit "Laïka" eine ebenso lässige Zugabe hinterher, bevor just in diesem Monat, wo alles um einen herum kühler, grauer und unfreundlicher zu werden droht, die neue Single "Ourson" das Licht der Welt erblickt - und dank Turntablekitchen findet man solche maximal entspannten Kleinode immer auch zur rechten Zeit.



Kill The Vultures: Eigene Note

Das wird mit Sicherheit eines der interessantesten Hip-Hop-Alben dieses Spätherbstes: Kill The Vultures kommen aus Minneapolis, das Duo, bestehend aus dem Produzenten Anatomy und Rapper Crescent Moon, hat für den 6. November sein neues Album "Carnelian" via Totally Gross National Product angekündigt (Cover Art oben) und wenn man sich die beiden ersten Stücke davon anhört, ist schnell zu erkennen, was die beiden so unverwechselbar macht: Zu dunklen, trippigen Rhymes nämlich mischen Kill The Vultures ein erstaunlich klassiches Instrumentarium - für "Shake Your Bones" allerlei verquere Streicher, bei "The Jackal" sind es feierlich tönende Bläsersätze, zudem gesellt sich gegen Ende auch noch Channy Leaneagh von Poliça dazu.



Foals: Schmerzhafte Erinnerungen

Erinnerungen an schöne Zeiten können ja durchaus schmerzhaft sein - ein Punkt, den die Foals in ihrem neuen Video zum Song "Give It All" vom aktuellen Album "What Went Down" aufgreifen. Gemeinsam mit Nabil und den Schauspielern Jérémie Renier und Caroline Fauvet gibt das einen stimmungsvollen Clip, nachfolgend in der Directors Cut Version.

Samstag, 10. Oktober 2015

Protomartyr: Wider die Kopisten

Protomartyr
„The Agent Intellect“

(Hardly Art)

Es ist eigentlich wie immer: Am besten klingt, was unangestrengt daherkommt, auch wenn es einige Mühen gekostet hat, noch besser dann, wenn man der Musik nicht anhört, wie sie mit Gewalt auf diesen oder jenen Bezug nehmen will, sondern quasi en passant Erinnerungen weckt. Gar nicht so einfach, denn wie überall, so auch im sogenannten Indielager tummeln sich die mäßig talentierten Blaupausen und versuchen, den langwierigen Walk of Fame mit einem Sprung auf den Trend-Express zu verkürzen. Ein Vorwurf, den man dem Detroiter Quartett Protomartyr ganz gewiss nicht machen kann. Klar, Joe Casey’s stimmliche Parallelen zu Ian Curtis sind nicht zu verleugnen und das referenzielle Dreigestirn aus The Fall, Gang Of Four und Wire wollen sie auch mit Album Nummer drei nicht unbedingt erweitern. Und doch ist „The Agent Intellect“ noch eine Spur besser, straighter und kompakter geworden als der Vorgänger „Under Colour Of Offical right“ – dunkles Gitarrengeschrammel, auch mal schneidend und grell überdreht, elektronischer Wave als sparsame Beigabe, es sind zwölf außerordentlich gelungene Songs, die dieses Album besonders machen. Allein „Why Does It Shake“ mit seinen stampfenden Noiseattacken und hymnischen Melodien entschädigt für viele der plumpen Plagiate hoffnungsfroh gestarteter Kleinkopisten, bei „Uncle Mothers“ wiederum raspelt es ganz herrlich und schräg und für das ebenso famose „Boyce Or Boice“ müssen wir die Galerie der Vorbilder dann doch noch auf Nich Cave und seine Bad Seeds erweitern – Killer! Für „Ellen“ reißen Protomartyr ausnahmesweise sogar mal die Sechsminutenmarke, auch das kein Fehler, es sieht ganz so aus, als würde diese Band auf eine sehr unaufgeregte Art sehr vieles richtig machen.

10.11.  Wiesbaden, Schlachthof
11.11.  Hamburg, Hafenklang
14.11.  Berlin, Berghain Kantine
16.11.  Köln, MTC

Freitag, 9. Oktober 2015

Ornament und Verbrechen / Die Goldenen Zitronen: Ausstellungsstücke

Ornament und Verbrechen
Die Goldenen Zitronen

Haus der Kunst, München, 8. Oktober 2015

Eine Kombination, mit viel Spannung erwartet, weil sie neben vielen Erinnerungen gute Unterhaltung versprach: Auch wenn Schorsch Kamerun und seine Goldies, wie er sie liebevoll nennt, nicht unmittelbar zum handverlesenen Ausstellungskanon der „Genialen Dilletanten“ im Haus der Kunst zählten – sie gemeinsam mit Ornament und Verbrechen, dem legendären experimentellen Bandprojekt der Gebrüder Lippok für die Derniere der kleinen Schau auf die Bühne zu holen, war sicher kein Fehler. Beide Formationen wurden ungefähr zur selben Zeit, also Mitte der Achtziger, gegründet, die Zitronen in Hamburg, O+V in Ostberlin und beide erwiesen sich als originär und auf ihre Art stilbildend und trugen so maßgeblich zur oft gepriesenen Vielfalt der entstandenen Subkultur bei. So gut sie zusammenpaßten, so unpassend schien ihnen offensichtlich selbst der Ort der Veranstaltung. Zugegeben, der sterile Quader im Speer-Bau hat weder den Klang noch den Charme eines lauschigen Kiezclubs – dass Okwui Enwezor, quasi als ‘Haus-Meister‘ seinem erklärten Ziel, das steinerne und verrufene Ungetüm im Laufe seiner Amtszeit in minimaler Höhe zum Schweben zu bringen, durch kluge Ausstellungspolitik und Konzerte wie diese immer näher kommt, das hätte man vielleicht auch mal goutieren können, statt den wohlfeilen  Abrißparolen einfach hinterherzugrölen.

Sei’s drum – sie gaben sich Mühe. Die Ornamente zunächst einmal mit Lautstärke und zwar derart gründlich, dass die vorderen Reihen aus Uraltfans sich so schnell wieder lichteten wie sie zuvor erwartungsfroh Aufstellung genommen hatten, im hinteren Teil des ausverkauften Saales war dagegen kein freier Platz mehr zu finden. Technoide Bleeps und Beats für die Magengrube, verzerrte, sich überlagernde Störgeräusche, dazu malträtierte Ronald Lippok sein Schlagwerk und Bruder Robert versuchte derweil, mittels einer Vielzahl blinkender Kästchen, Knöpfe und Regler die eine oder andere zwingende Melodie zu erzeugen. Ohne Zweifel hatten die beiden mitsamt ihrer mobilen Nebelmaschine ausreichend Spaß, wirklich originell oder gar revolutionär wie zu Zeiten ihres Entstehens wirkten die Stücke allerdings selten, was auch daran liegen könnte, dass das Equipment, damals wenigen aus der Not geboren, heute zum Handwerkszeug vieler gehört.

Die Goldenen Zitronen dagegen konnten etwas mehr an Abwechslung und (ihrem Selbstverständnis entsprechend) auch die griffigeren Texte bieten. Deutlich näher dran am Heute – sie haben ja gerade erst ein Album mit englischsprachigen Neubearbeitungen älterer Stücke vorgelegt – hatten sie somit auch etwas mehr zu sagen. Der „Turnschuh”, obschon einige Jahre auf dem Buckel, bietet auch jetzt kaum Platz für Umdeutungen, dafür um so mehr Parallelen und passt deshalb perfekt zu Ort und Zeit. Jazziges Improtheater, bissig-komisches Monologisieren, die Merkel ist jetzt linksradikal, Stimmungshochhalter, Kaufleute, Bert Brecht – man konnte sich schon amüsieren. Und trotzdem hatte man auch hier den Eindruck, die Bindung zum Publikum wollte ihnen nicht so recht gelingen – Ted Gaiers verunglückte und etwas hilflose Brandt-Persiflage war dafür ein passendes Indiz. Beide Bands blieben letztenendes eher glanzlose Exponate einer spannenden, aber eben doch längst vergangenen Zeit, man schaut und hört interessiert zu, um später zögerlich weiterzugehen (schon vor der Zugabe hatten sich viele Zuschauer auf den Heimweg gemacht), am Ende also leider kein Abend für’s private Geschichtsbuch.

Donnerstag, 8. Oktober 2015

Frittenbude: Das Lied vom Stolpern

Frittenbude - ja, ganz genau, die mit dem knuffigen Puscheltier (neuerdings) - also die Jungs haben einen Videoclip zum Song "So da wie noch nie" aus ihrem Album "Küken des Orion" ins Rennen geschickt, nach "Stürzende Helden" und "Die Möglichkeit eines Lamas" wieder ein kleines Roadmovie, das, wie Sänger Johannes Rögner verkündet  "eine Hommage an das ewig schöne ineinander Hinein- und das unumgänglich darauf folgende auseinander Hinausstolpern" sein soll. Schaumermal ... - ach ja, ein paar neue Livetermine gibt's zur großen Freude aller obendrauf.

28.01.  Dresden, Alter Schlachthof
29.01.  Erlangen, E-Werk
30.01.  München, Tonhalle
02.02.  Dornbirn, Conrad Sohm
04.02.  Salzburg, Rockhouse
05.02.  Innsbruck, Weekender
06.02.  Graz, PPC
07.02.  Wien, Arena
11.02.  Jena, Kassablanca
12.02.  Leipzig, Täubchenthal
13.02.  Berlin, Huxleys

EL VY: Alive and kickin'

Das ist so eine Sache mit dem Paul - mal isser tot, mal lebt er noch, man weiß es halt nicht so genau. Eigentlich stammt der Spruch "Paul is dead" ja angeblich aus der Zeit, als ein Irrer John Lennon von den Füßen geholt und ins Jenseits befördert hat und irgendein Verschwörungstheoretiker meinte, nicht  John, sondern Paul (McCartney) wäre erschossen worden und würde fortan von einem Double ersetzt. Naja, was man halt so erzählt. Auch die Fehlfarben haben sich ja am Paul, dem toten, auf ihrem legendären Album "Monarchie und Alltag" schon abgearbeitet, nun also auch noch Matt Berninger und Brent Knopf. Vom neuen Album ihres Projektes EL VY stammt denn nun der Song "Paul Is Alive" und glaubt man den Aussagen von Berninger, geht's darin schlicht um einen Ort, an dem man Menschen finden kann, die auf der gleichen Wellenlänge wie man selbst senden, mehr nicht.


Beach House: Doppel LP

Solche Zugaben resp. Überraschungen nimmt man natürlich immer gern mit: Beach House, vor ein paar Wochen erst mit ihrem wunderschönen Album "Depression Cherry" in aller Ohren, haben verkündet, dass sie noch ein zweites Album für dieses Jahr vorbereitet haben. Von "Thank You Lucky Stars", so der Titel, gibt es schon ein Cover (s.o.), das Tracklisting und mit dem Freitag der kommenden Woche sogar einen Release-Day, Tonproben waren bis dato nicht zu haben.

Mittwoch, 7. Oktober 2015

Nova Heart: Aneignung

Nova Heart
„Nova Heart“

(Staatsakt)

Es ist schon erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit und auch Leichtfüßigkeit Künstler/innen anderer Kulturkreise westeuropäische Musikmuster und -traditionen adaptieren und im musikalischen Sinne instrumentalisieren. Erst kürzlich durfte man sich über Yannik Ilunga alias Petite Noir wundern, der für seine Definition eines ‘Noirwave’ auf dem Debütalbum “La Vie Est Belle/Live Is Beautiful” alles verschraubt, was man an sogenannter Independent-Kultur auf dem alten Kontinent in den 80ern und 90ern wertgeschätzt hat. Und nun, keine vier Wochen später, kommen Helen Feng, Bo Huan und Shi Lu aus Peking daher und zeigen uns eindrücklich, wie klug und raffiniert Synthpop moderner Prägung in China klingen kann. Nova Heart, so der Name des Trios, präsentieren auf ihrem Debütalbum eine Mixtur, die mit Reminiszenzen im besten Sinne nur so um sich schmeißt: Giorgio Moroder, gerade wieder arg en vogue, wird ebenso zitiert wie Pink Floyd und die Beatles, neben dem schmissigen Wave von Blondie vermag man auch Robert Palmer und Roxy Music zu erkennen, von naheliegenden Versatzstücken Portishead oder New Order ganz zu schweigen.

Vorsichtig gekräuselte Gitarren an den richtigen Stellen platziert, deepe und dunkle Synthetikakkorde zu zauberhaften Melodien geformt – mal träumerisch verpoppt (“We Are Golden”), mal als wippender Dance (“No Controversy”) oder später mit sorgsam beschleunigtem Beat bei “Evil”, dazu Fengs Gesang, der zwischen zartem Stimmchen und aufgerautem Timbre changiert – jedes der elf Stücke bietet eine Vielzahl an Reiz- und Glanzpunkten. Nicht nur klanglich, auch für die Texte wechselt Feng häufig die Standpunkte (hier: Persönlichkeiten), von moralisch über melancholisch bis hin zum ausgelassenen, impulsiven Fatalismus ist jede Schattierung vertreten – ganz zum Schluß verneigt sie sich noch mit einem sehr gelungenen Cover von “Dancing Barfoot” vor Patti Smith, einem der Idole ihrer Jugend. Dafür, dass Feng, wie sie selbst sagt, mit dem westlich aufgehübschten Pop ihres eigenen Landes (den sie zu früheren Zeiten bei MTV China als VJane schon anmoderieren durfte) nicht allzuviel anzufangen weiß, klingen Nova Heart verblüffend routiniert – faszinierend sind sie sowieso. http://nova-heart.com/home/

11.10.  Köln, Artheater
13.10.  Berlin, Lido



Glass Animals vs. Joey Bada$$: Kontrollverlust

Auch so eine Kollaboration, auf die man nicht so schnell gekommen wäre: Die Glass Animals, Indie-Feingeister aus dem schicken Oxford, hatten ja vor einigen Wochen ihre neue Single "Gold Lime" im Programm, nun haben sie sich überraschenderweise mit Rapper Joey Bada$$ zusammengetan und spendieren mit ihm den Track "Lose Control" - hört sich gar nicht so an.