Freitag, 7. Oktober 2016

Kofelgschroa: Der besondere Blick

Kofelgschroa
„Baaz“

(Trikont)

Ganz so geheuer scheint dem erfolgsverwöhnten Bayern die bis dato anhaltende Sympathiewelle für handgemachte Mundartmusik nicht zu sein, gehen doch mit der zunehmenden Verbreitung (deren böse Zwillingsschwester die Verflachung ist) auch Begriffe wie „Brauchtumspsychosen“, „Trachten-Hallus“ und „Heimat-Heinis“ einher. Eine Medaillenseite, um die sich die Oberammergauer Kofelgschroa noch selten haben kümmern müssen. Als sie vor vier Jahren ihr Debüt veröffentlichten, hatte der Trend schon laufen gelernt und jede Menge Freunde, sie allerdings die richtige Menge an kauzigem Naturburschencharme, um nicht mit Wellenreitern verwechselt zu werden. Das Album wurde trotzdem ein Hit und die Kapelle um Sänger Maxi Pongratz seitdem gerngesehener Gast in Festzelten und Szeneclubs gleichermaßen. Wie letzteres funktioniert, bleibt ein kleines Geheimnis, welches in ähnlicher Form auch schon die alpenländischen Polkapunks von Attwenger hüten und dessen Lösung auf absehbare Zeit nicht gelöst werden muss.

Nach „Zaun“ jetzt also Platte Nummer drei und erfreulicherweise erliegen die vier Musiker bei erweitertem Instrumentarium nicht der Versuchung, ihr Konzept in windschnittigere Formen zu packen. Kofelgschroa bleiben der herrlich verschrobene, fast dadaistische Gegenentwurf zum überzüchteten Perfektionismus, in ihrer ganz eigenen Welt nennt man Metaebenen noch Hintergedanken und die Kammermusik knistert und raschelt ganz wunderbar dazu. Herzstück des Albums ist der hypnotisch orgelnde Titelsong, eine Art „In Lambada Da Vida“, zu dem Pongratz das Mantra „In Baaz g’herscht nei“ in kehligem Allgäuerisch memoriert. Neben der launigen „Loopmaschine“ bleibt dies der einzige perkussiv geprägte Track, der große Rest eher liebevoll versponnene Miniaturen über Liebe und deren Vergänglichkeit („Unzertrennlich“, „Heute bin ich froh“), über vergebliches Tun und Mühen („Pokal“) und allerlei melancholische Momentaufnahmen.

Auch nicht ohne: Für Menschen, die Spaß am Musizieren haben, sind instrumentale Einschübe wie „Hotel Kovél“ und „Pauline“ beileibe keine Lückenfüller, sondern Spielwiesen zum Durchatmen, wo das Hirn gern mal Pause machen darf, wenn es nicht gerade der Fantasie die lange Leine läßt. Was „Baaz“ wie auch vorangegangene Platten so besonders macht (man erinnert sich hier gern an „Wäsche“), sind die Sätze, die so einfach (und nicht einfältig) wie lebensklug daherkommen und mutmaßlich von beneidenswert entspanntem Verhältnis zum Leben zeugen „Bleib i liegen, bleib i wach, kimmt auf a kurze Nacht a langer Dog“. Sich diesen besonderen Blick bewahrt zu haben, der ja bewußt auch einer gewissen Versonnenheit und Gemächlichkeit Platz läßt, das macht „Baaz“ zum nachhaltigen Erlebnis. http://www.kofelgschroa.by/

09.10.  München, Alte Kongresshalle
13.10.  Übersee, Freiraum
20.10.  Landshut, Stadtsäle Bernlochner
22.10.  Dresden, Ostpol
27.10.  Aldersbach, Brauereistüberl
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