Donnerstag, 29. Dezember 2016

Run The Jewels: Wachmacher

Run The Jewels
„RTJ3“

(Cooking Vinyl)

Man hätte ja fast meinen können, das würde diesmal eher eine launige Veranstaltung werden, als vor einiger Zeit Killer Mike und El-P, auf zwei Sessel platziert, der Marketing-Präsentation von Fred Armisen und Carrie Brownstein am unvermeidlichen Flipchart lauschten. Aber merke: Portlandia gleich Sitcom gleich Fiction. Im Realtimeformat sieht das mal alles ganz anders aus, da lacht dann keiner. Und so gibt es vom nach wie vor anständig gehypten Rap-Duo Run The Jewels auch auf Album Nummer drei wieder die spaßfreie, harte Kost. Denn auch wenn „RTJ3“ noch immer nicht das erste Rap-Album der Trump-Ära ist, auf das immer noch alle warten – einfach weil der Mann seinen allseits gefürchteten Dienst noch  nicht einmal angetreten hat – die vertonte Wut speist sich zu gleichen Teilen aus dem ohnehin schon beklagenswerten Zustand der amerikanischen Gesellschaft (Stichworte: Armutsschere, Rassenunruhen, Klimapolitik, etc.) und den düsteren Vorahnungen auf die kommenden vier Amtsjahre.



Trump ist ja von der Gegenseite einvernehmlich zu einer Art neuzeitlichem Voldemort stilisiert worden, den Namen vermeidet, wer Anstand hat und auch unsere beiden New Yorker Protagonisten wählen besser die Umschreibung: “Went to war with the Devil and Shaytan, he wore a bad toupee and a spray tan” reimen sie in “Talk To Me”, dem eigentlichen Eröffnungstrack, der Rest läßt dann allerdings an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Sie sind also zurück, die selbst ernannten „rhyme animals“ und „rap terrorists“, dunkler als zuvor (wen wunderts) und mit jeder Menge Kampfansagen. „We are the pain, you can trust“, „we are the murderous pair“ tönt es in “Legend Has It” und einen Stück weiter wird er schon ausgerufen, der Sturm auf die Paläste: “Lift up our glasses and watch your palaces burn to ashes, fucking fascists, who the fuck are you to give fifty lashes”. Die Payroll ist vergleichsweise kurz gehalten, Danny Brown darf seine hohen, kehligen Tiraden beisteuern, Joi Gilliam ist für die weicheren, Trina für die bissigeren Passagen zuständig und Allzeit-Buddy Zack De La Rocha meldet sich nach seinem Gastauftritt von „RTJ2“ auch wieder mit viel Schaum vorm Mund zu Wort.

Der Sound ist krude und direkt, die Gastauftritte vom Lieblingskollaborateur des vergangenen Jahres, Saxophonist Kamasi Washington, und Tunde Adebimpe (TV On The Radio) können kaum darüber hinwegtäuschen, daß die Jewels die kunstvolle Verschränkung verschiedenster Stille wie Soul, Jazz, Funk und Blues mit dem Hip-Hop nocht immer nicht zu ihren Hauptaufgaben zählen – besser: fetteste Bässe kreuzen bratzige Synthschleifen, dahinter scheppert allerlei nervöses Geräusch und vorn am Mic bekommen die Yuppies, Weicheier und Dumpfbeutel eins auf die Mütze. Daß die Sache mit dem Klassenkampf nicht ganz so einfach ist, zeigt sich aber auch hier – zwischen dem Schlachtruf „Bumaye!“ („Call Ticketron“) und den friedensstiftenden Versen “How long before the hate that we hold, lead us to another Holocaust? Are we so deep in it that we can't end it? Stop, hold, ever call it off” (“2100”) liegen ganze Straßenzüge, der verschämte Gruß an die eigene Mutter („Oh Mama“) wirkt da fast ein wenig unsicher, ja kleinlaut. Die Wucht und Entschlossenheit, mit der die beiden hier zu Werke gehen, ist dennoch beeindruckend, zum Wachrütteln, so das denn noch nötig ist, sollte die Platte mehr als ausreichend sein. https://runthejewels.com/

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