Dienstag, 11. April 2017

Timber Timbre: Menetekel

Timber Timbre
„Sincerely, Future Pollution“

(City Slang)

Was für ein wunderbarer Satz! Da hatte sich Taylor Kirk für eine aktuelle Lagebesprechung mit dem Netzportal NPR zusammengesetzt und auf die Frage nach der Grundstimmung des neuen, mittlerweile sechsten Albums geantwortet: “I had the idea that we could do something that was fun. Which ... we can't.” Recht hat er. Schon auf den vorangegangenen Platten, deren letzte 2014 die formidable “Hot Dreams” war, präsentierten sich die Kanadier ausnahmslos als Meister der dunklen Töne und mögliche Alternative zu den Tindersticks, den Bad Seeds oder The National. Wobei die vier Männer aus Montreal selten elegisch, sondern gern energisch zu Werke gehen, der kernige Blues auf ihrer Prioritätenliste weiter oben zu finden ist. So auch hier: Nach sanftem Einstieg werden die Gitarren etwas härter angefaßt – “Grifting” mimt den kratzigen Electro-Boogie, im fabelhaften “Sewer Blues” treffen sich Vergänglichkeit, Vergeblichkeit und pure Lust zu schwer rollenden Akkorden und selbst das getragene Liebeslied “Moment” jault zur Hälfte herrlich schief.

Die Ratlosigkeit der Welt angesichts ungelöster globaler, sozialer Probleme ist das große Thema gleich zweier Stücke von Timber Timbre: “Western Questions” wirkt nicht nur mit seiner kruden LoFi-Instrumentierung verstörend und düster, der Song will auch das Chaos, die zunehmende Ohnmacht und den allgemeinen Sittenverfall angesichts so vieler ungelöster Probleme ansprechen. Auch der Titelsong, ähnlich bedrohlich arrangiert und mit dronigen Gitarren und scheppernden Drums ausgestattet, setzt das Menetekel fort, auch an Kirk ist also der Machtwechsel in den USA nicht spurlos vorübergegangen und manchmal, so sagte er kürzlich der INTRO, sei er schon froh, im Nachbarland zu wohnen. Timber Timbre bleiben auch mit diesem Album eine sehr eigenwillige Band. Ihre Musik mag etwas mehr Zeit erfordern, bevor sie ihre ganze Vielfalt preisgibt – die Mühe hat sich bis jetzt, das neueste Werk inbegriffen, allerdings ein jedes Mal gelohnt. http://www.timbertimbre.com/

11.04.  Berlin, Huxleys
15.04.  Hamburg, Uebel und Gefährlich
13.07.  Fribourg, Les Georges
23.08.  Bochum, Jahrhunderthalle

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