Mittwoch, 26. Juni 2013

Willkommener Grusel

Daughn Gibson
„Me Moan“

(Sub Pop)

Für manch englischen Begriff gibt es im Deutschen einfach keine Entsprechung – das ist nicht neu. Dies gilt zum Beispiel für das Attribut „swagging“, gern auch, um’s noch etwas umgangssprachlicher zu machen, auf „swaggin‘“ verkürzt. Ein Begriff, der lässige Coolness mit einer leicht derangierten Erscheinung verbinden soll und durchaus auch für einen musikalischen Stil herhalten darf. Daughn Gibson, gut dreißigjähriger Songwriter aus Nazareth/Pennsylvania und bis vor einiger Zeit bestaussehendster Gelegenheitsarbeiter vor Ort (der Guardian nennt ihn einen „hulk of masculinity“), der Mann jedenfalls spielt, seit er sein Hobby zum Beruf gemacht hat, eine Musik, die in höchstem Maße ‚swaggin‘ ist. Man könnte auch Goth-Country-Electro-Blues dazu sagen, wenn es nicht so blöd klingen würde, cool, da besteht kein Zweifel, ist sie in jedem Falle.

Irgendwie vermitteln der Sound seines Debüts „All Hell“ und des hier vorliegenden Nachfolgers „Me Moan“ den Eindruck einer alten Kirche, die zum schäbigen Freudenhaus verkommen ist und doch in den besonders dämmrigen Momenten von beidem, dem Sakralen und dem Verruchten also, nicht lassen kann. Die Drums werden hier mit fahlen Knochen geschlagen, die Gitarren flattern bedrohlich und Gibson gibt mit seiner hohlen, tiefen Elvis-Stimme dem Ganzen eine schon fast beängstigende Note. Genau das, was der Mann beabsichtigt hat, seit er mit elf die erste Platte von Led Zeppelin hören durfte: „Zeppelin scared me to death. And I like being scared“, sagte er in einem Interview, und weiter: „I just want them [seine Zuhörer] to feel like how they feel when they see something that's peculiar. That package of odd and scary and funny."

Neben den Altrockern fallen einem natürlich auch der bleiche Iggy Pop, der noch bleichere Nick Cave mitsamt seinen Grindermännern und, wegen der elektronischen Spielereien, auch Matthew Dear ein. Es hallt, klopft, kreischt und knirscht an jeder Ecke, mal kommt Gibson mit einem Dudelsack daher („Mad Ocean“), dann sampelt er ein paar weibliche Gesangssequenzen („You Don’t Fade“) oder wagt mit ein paar einschmeichelnden Akkorden den Brückenschlag zu Chris Isaak („Franco“). „Kissin On The Blacktop“ wiederum dreht komplett am Rad und bittet den Teufel vor der Frist zu einem wilden Tänzchen. Ein angenehmes Schaudern lassen die Songs auf „Me Moan“ zurück, durch die ständigen Brüche und spielerischen Überhöhungen will sich richtiger Trübsinn gar nicht erst einstellen. Insofern darf man ihm wohl gratulieren – Grusel der willkommenen Art. http://daughngibson.com/

Komplettstream des Albums beim britischen Guardian, Download von "You Don't Fade" bei Sub Pop.

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