Samstag, 10. Januar 2015

Panda Bear: Verführung vor Verstörung

Panda Bear
„Panda Bear Meets The Grim Reaper“
(Domino)

Jeder, der schon einmal versucht hat, einem Kind zu erklären, was der Tod ist und warum er tut, was er tut, weiß, wie anrührend und aufwühlend solche Momente sein können. Weil man sich ihnen nicht auf der sachlichen, der (bio)logischen, der rationalen Ebene nähern kann und weil Kinder genau die Fragen stellen, mit denen selbst ein buddhistischer Mönch nach mehrmaliger Reinkarnation überfordert ist. Dabei ist der spielerische, kindliche Umgang oft die einzige Möglichkeit, mit den Unabänderlichkeiten des Lebens, zu denen Krankheit und Tod nun einmal wie ein ungeliebtes Geschwisterpaar gehören, halbwegs zurecht zu kommen. Es scheint, als seien solche Gedanken auch Noah Benjamin Lennox, Gründungsmitglied des Psychfolk-Quartetts Animal Collective und seit 1998 auch solo und unter dem Pseudonym Panda Bear erfolgreich, nicht ganz fremd.

Weshalb sonst sollte er seiner neuen Platte einen so schaurig-schönen und comichaften Namen geben, warum versucht er sich bei „Tropic Of Cancer“ einem grauenhaft ernsten Thema in eigenwillig ironischer Weise zu nähern? Lennox wäre wohl der letzte, der dies abstreiten würde, genauso leicht fiele es ihm aber, jede andere Art von Interpretation seiner Songs gutzuheißen. Man weiß aus Interviews, dass er die Deutungshoheit für seine Texte gern dem Zuhörer überlässt und auch nichts dagegen hat, diesen im Unklaren zu lassen. Das wiederum richtet den Fokus auf seine Musik. Und diese ist noch immer eine äußerst facettenreiche Mixtur aus dem Surfsound der Beach Boys, choralen, fast sakralen Liedkompositionen, chilligem Krautrock und überaus verspieltem Synthpop. Zusammengehalten und angereichert werden die Stücke wieder durch eine Menge von Samples und Loops – hier ein übersteuertes, propellerhaftes Vibrieren, da ein paar Harfentöne, es gluckert und flirrt in einem fort.

Mit dem verschrobenen und streckenweise etwas anstrengenden Patchwork von „Centipede Hz“, dem letzten Opus des Animal Collective, hat „…Meets The Grim Reaper“ aber zum Glück recht wenig zu tun, hier münden fast alle Stücke mit scheinbarer Zwangsläufigkeit in entspanntes, bezauberndes Songwriting, die zahlreichen Frickeleien dienen nicht der Verstörung, sondern der Verführung. Fein gelungen beispielsweise beim ‚tierischen‘ „Mr Noah“ oder dem pumpenden „Boys Latin“. Der NME behauptet, „Selfish Gene“ wiederum klinge „like ABBA working for NASA“ – na, ein jeder hört bei Panda Bear etwas anderes heraus, ganz im Sinne des Klangschöpfers. Der sagte kürzlich dem Magazin Intro: „Aus welchen albernen Gründen auch immer, ich hätte dieses Album vor zehn Jahren noch nicht machen können. Vielleicht gehört zum Älter-Werden auch, sich selbst nicht so hart zu bewerten.“ Klingt fast ein wenig wie eine buddhistische Weisheit…

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