Dienstag, 6. Juni 2017

Show Me The Body: Charaktertest

Show Me The Body
Sunny Red, München, 5. Juni 2017

So etwas nennt man dann wohl Charaktertest: Das New Yorker Hardcore-Trio Show Me The Body ist aus seiner Heimatstadt mit Sicherheit anderes gewohnt, ist dort ein Gig der drei anberaumt, kann es mit frei verfügbarer Atemluft im vollgestopften Club schon mal ziemlich eng werden. An der Frage, ob die Jungs auf dem diesjährigen Coachella-Festival auftreten sollen, erhitzten sich vor ein paar Monaten die Gemüter weit mehr als am Sicherheitskonzept der Veranstaltung. Hierzulande müssen Julian Cashwan Pratt, Noah Cohen-Corbett und Harlan Steed wohl kleiner denken, in München zum Beispiel finden sich am Montagabend knapp fünfzig Unverdrossene (zählt man Barmann und Kartenabreißer mit dazu, die sich zeitweise zum Grüppchen vor der Bühne gesellen), um die Band im düsteren Kellerabteil zu hören. Und natürlich auch zu spüren, denn die aggressive, scharfkantige Mischung aus Gitarrenlärm, Analogdrums, geloopten Beats und Rap-Stakkato läßt sich vor allem auch körperlich erleben. Einen Auftritt vor derart dürftiger Kulisse anzugehen ist selten eine Freude, Publikum und Band geben sich so gut es eben geht Mühe, eine ansprechende Atmosphäre hinzubekommen - dann, wenn Pratt sein Banjo zur Seite legt und sich wild zuckend den Tanzenden entgegenwirft, daß manchem die Bierflasche zu entgleiten droht, bekommt man eine Ahnung davon, wie es wohl funktionieren könnte, wenn ... Hilft nichts, trotz zweier Mixtapes ("Body War"/"Corpus") ist das Set nach einer halben Stunde in Rekordkürze schon wieder beendet, draußen zwitschern in der Dämmerung noch die Vögel, zehn nach neun, etwas ratlos gehen Band und Besucher, mäßig verausgabt, auseinander. Kein Vorwurf, warum auch, man hat es halt versucht. Vielleicht ein Trost: Vor fünfzehn Jahren standen standen Interpol, auch New York, eine Etage weiter oben im Orangehouse vor gerade mal einhundert Gästen und spielten denen ihr noch ziemlich unbekanntes, aber sagenhaftes Debüt "Turn On The Bright Lights" vor - heute füllen sie die großen Hallen und müssen sich keine Gedanken mehr machen, ob denn das Eintrittsgeld wohl für die nächste Tankfüllung reicht ...

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