Freitag, 30. September 2016

Pixies: Aus Erfahrung gut

Pixies
„Head Carrier“
(Pixiesmusic)

Das sagt sich immer so leicht dahin – „Die klingen wie in ihren ersten Tagen“. Dreißig Jahre sind die Pixies mit Unterbrechungen nun auf den Beinen, zumindest die Männer im Bunde haben mittlerweile mehr oder weniger deutlich die Fünfzig gerissen und allein schon deshalb darf man das Verdienst nicht zu gering schätzen, daß sich auch jetzt kaum musikalische Abnutzungserscheinungen heraushören lassen. Das aktuelle Album, ihr sechstes, wenn wir richtig zählen, kommt ja diesmal wieder am Stück, nachdem man für den Vorgänger „Indy Cindy“ noch die einzelnen EP zusammensuchen mußte. Und es kommt mit Macht. Der Vorteil hohen Alters ist ja bekanntlich das, was man (für unsere Kleinen zum Buchstabieren) Erfahrungswerte nennt. Was wiederum der Fehlervermeidung dient. Mach es also besser kurz, mach es laut, mach es schnörkellos, kein Song kratzt die Vierminuten-Marke. Alles beherzigt, Frank Black, David Lovering, Joey Santiago und erstmals auch am Bass Paz Lenchantin deklinieren für „Head Carrier“ den kompletten Pixies-Kosmos durch und man hört, weiß Gott, daß das für sie immer noch ein Riesengaudi ist.

Alles dabei demnach. Die kunstvoll zerrissenen Melodien, die einem das Herz in zwei Hälften teilen können, der Sehnsuchtskrach, das entfesselte Geschrei, die wunderbaren Albernheiten, und und und. Mit „Talent“ ein Song, der sich so locker wegrockt wie selten etwas, ein herrlich schiefes „Oona“, mit „Classic Masher“ und „Bel Esprit“ auch Stücke, mit denen sich die Band auf angenehme Weise den verblichenen Go-Betweens nähert. Und natürlich und zu allererst: „All I Think About Now“. Es ist ja schon herzallerliebst, daß Black offenbar festgelegt hat, ab jetzt werden auch wieder diese bezaubernden Duette geträllert, für die früher natürlich Kim Deal halberweise zuständig war und die in keinem Best-Of-Set fehlen durften. Und Lenchantin macht das ganz und gar unprätentiös und bestmöglich gut. Daß aber der Banddiktator höchstselbst bestimmt hat, sie müsse auch noch seine rührende Entschuldigungsode an die ehemalige Freundin singen, ist ein so starkes wie witziges Stück.

“I try to think about tomorrow, but I always think about the past, about the things that didn’t last, if I could go to the beginning, then for sure I would be another way, make it better for today, if I could go to the beginning, I would be another way, make it better for today, remember when we were happy?” – schon beim Hinschreiben bekommt man feuchte Augen und ist ehrlich geplättet. Kann schon sein, daß ihn ein übermäßig schlechtes Gewissen sehr spät dazu getrieben hat (recht so), vielleicht meint er’s auch gar nicht ernst und lacht sich über die Welle im Netz zum Kringel (geschenkt), es klingt einfach zu schön um falsch zu sein. Dazu noch dieses Riff, von dem man zunächst glaubt, sie hätten sich selbst zitiert, um dann nach einigem Stöbern darauf zu stoßen, daß es doch bei Interpol und „Rest My Chemistry“ geklaut und nur beschleunigt ist (die es aber dann doch vorher bei „Where Is My Mind?“ ausgeliehen hatten…) – Lieblingslied jedenfalls, ohne Abstriche. Und auch wenn’s in der Summe kein „Doolittle“ geworden ist (und auch nicht werden kann), es bleibt dabei: Good to have you here! http://www.pixiesmusic.com/

16.11.  Wien, Gasometer
24.11.  Köln, Palladium

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