Donnerstag, 12. Januar 2017

The XX: Lieber langweilen

The XX
„I See You“

(Young Turks)

Hat denn wirklich jemand geglaubt, die drei hätten nach einem bahnbrechenden Debüt und dem kaum weniger gelungenen Nachfolger „Coexist“ bereits alles Pulver verschossen? Wer die ersten Meinungen zu den Singles „On Hold“ und „Say Something Loving“ las, der konnte leicht das Gefühl bekommen, ein großes Gähnen mache sich breit und wenn der Rest des dritten Albums nicht mit einem Schwenk zu Deathmetal oder Motown-Funk überraschte, dann ist die Hinrichtung nach gut zehn Jahren des Bestehens bereits ausgemachte Sache. Nun, weder das eine noch das andere ist passiert und auch wenn sie ein paar Samples von Hall And Oates, Drake und den Alessi Brothers auf der Platte versteckt haben – Grundlegendes haben Jamie Smith, Oliver Sim und Romy Madley Croft auf „I See You“ zum Glück nicht geändert. Sicher, eingeschworene Leisetreter wird der Anfang eher erschrecken – nach einem Tusch mit der Kindertrompete schicken die Drumpads für „Dangerous“ gleich ein paar mächtig dicke Beats durch die Membranen und schwören den Zuhörer auf einen wesentlichen Charakterzug des Werkes ein: Mit deutlich mehr Zug zum Dance, der sich auf „Coexist“ ja noch eher verschämt andeutete, will das Trio nun also punkten und nimmt man die beiden Vorabsingles und das technoid anmutende „A Violent Noise“ zum Maßstab, dann ist ihnen das auch ganz wunderbar gelungen.

Die Stimmen unmittelbarer, souliger, die Atmosphäre noch eine Spur heller als auf dem Vorgänger – den Ruch der verhuschten Darkwavetruppe sollten sie spätestens jetzt endgültig verloren haben. Dabei muß man keine Angst haben, daß sie ihr zweites Wesensmerkmal, die zarte, warme Intimität ihres Sounds, vernachlässigen würden. Mit „Brave For You“ und „Performance“ gelingt es Croft einmal mehr auf unnachahmliche Weise, eine Wärme und Nähe in die Stücke zu zaubern, die der Band schon bei Gründung lobende Vergleiche mit den eigentlich unvergleichlichen Young Marble Giants eingetragen und noch lange danach scharenweise mehr oder minder talentierte Clones in die Studios getrieben hatte. Dabei ist es eine weitere amüsante Pointe, daß der markante Wechselgesang zwischen Sim und Croft, wie man mittlerweile weiß, nicht für die billige Balz taugt – und trotzdem bestens funktioniert. Und wer jetzt immer noch meint, sich über „Langeweile auf hohem Niveau“ beschweren zu müssen, dem sei schnell noch einmal das umtriebige und zuweilen ziemlich verstörende 2016 in Erinnerung gerufen – ein wenig mehr von der melancholisch luftigen Bewegungsarmut dieser Platte würde dem angehenden Jahr ziemlich gut zu Gesicht stehen. http://thexx.info/

12.02.  Hamburg, Sporthalle
23.02.  Wien, Marx Halle
24.02.  München, Zenith
25.02.  Berlin, Arena
26.02.  Frankfurt, Jahrhunderthalle
28.02.  Köln, Mitsubishi Electric Halle

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